Leserbrief zum NÖN Artikel “Obsorge für Scheidungs-Kinder: Gemeinsame Pflichtübung?”
Am 18.11.2022 wurde in den NÖN folgender Artikel zu geplanten Kindschaftsrechtsreform veröffentlicht:
Obsorge für Scheidungs-Kinder: Gemeinsame Pflichtübung?
Frauenorganisationen kritisieren, dass gemeinsame Obsorge Pflicht werden soll.
Seit Jahren ist eine Novelle des Kindschaftsrechtes, in dem die Beziehung von Kindern zu ihren Eltern geregelt wird, in Bearbeitung. Seit dem Sommer gibt es dazu einen Entwurf – und der macht die Frauenorganisationen nervös.
Warum? Weil nun „auch im Konfliktfall Gemeinsamkeiten verordnet werden sollen“, sagt Frauenring-Leiterin Klaudia Frieben. So sei eine verpflichtende gemeinsame Obsorge geplant. Der getrennt lebende Partner soll künftig das Kind ein Drittel des Jahres betreuen. Was laut Frauenrechtlerinnen die Frage aufwirft, wie das bei konfliktreichen oder gewaltbelasteten (Ex-)Beziehungen funktionieren soll. Oder bei der Obsorge für Kinder, die etwa aus einer sehr kurzen Beziehung entstanden sind.
„Die Väter werden durch die Einräumung von mehr Rechten nicht mehr Pflichten übernehmen“, sagt Frieben. Durch diese Regelung werde außerdem der Unterhalt des Kindes dramatisch gekürzt, was wieder die ökonomisch meist schlechter gestellten Mütter treffen werde.
Kritik an unzulässigem Eingriff in die Privatsphäre
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass bei Trennungen der Betreuungsplan für die Kinder künftig ein Jahr im Vorhinein schriftlich festgelegt werden soll. Ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre, wie der Frauenring kritisiert.
Kritisiert wird auch die Möglichkeit von zwei Wohnsitzen, die das Konzeptpapier vorsieht. Das werfe ein finanzielles Problem auf: Sozial- und Familienleistungen wie Elternkarenz, Kinderbetreuungsgeld, Anspruch auf Kinderbetreuungsplatz, Wohn- und Familienbeihilfe sind nämlich an den Hauptwohnsitz gekoppelt.
Das Justizministerium nimmt auf Anfrage zu diesen Punkten kaum Stellung: Recht allgemein heißt es, die Reform werde „Kinderrechte stärken und gewaltbetroffene Frauen besser schützen“. Der Gewaltbegriff werde ausgeweitet, sodass „in Zukunft alle Arten von Gewalthandlungen umfasst sind“. Auch psychische Gewalt.
Wir sehen dies etwas differenzierter und haben daher folgenden Leserbrief an die NÖN versendet:
Obsorge für Scheidungskinder: Gemeinsame Pflichtübung?
„Mehr noch als das Einkommen fällt der Wunsch vieler Mütter ins Gewicht, ihr Kind in den ersten Jahren selbst zu betreuen (IfD 2015)“ „Frauen sehen die Sorgearbeit als ihr »Revier« an und wachen über die Beteiligung des Vaters, den sie oft nur als Mithelfer akzeptieren.“ Beides Zitate aus Forschungsergebnissen des Deutschen Jugendinstituts.
Ich denke Frauen werden sich entscheiden müssen. Emanzipation oder Revierkampf. Ulrich Beck meinte zu Vätern in den 80iger Jahre, sie hätten eine „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre.“ Ich sehe keinen Unterschied zwischen Väter und Müttern.
Reden wir miteinander.
Anton Potoschnig
Obmann von Wir-Väter.at und Plattform Doppelresidenz.at
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