Weg mit der Schuldfrage: Warum Österreich ein modernes Scheidungsrecht braucht

Antwort auf den Standard-Artikel “Warum das Verschuldensprinzip abgeschafft werden muss

Die aktuelle Diskussion über eine Reform des Scheidungsrechts und insbesondere die Abschaffung des Verschuldensprinzips ist längst überfällig. Die Argumente für den Erhalt dieses Prinzips beruhen auf veralteten Vorstellungen von Ehe, Verantwortung und finanzieller Absicherung – und schaden letztlich allen Beteiligten.

Ein System, das Konflikte schürt

Das Verschuldensprinzip zwingt Paare, die sich ohnehin in einer belastenden Trennungssituation befinden, zu einem juristischen Kampf um die Deutungshoheit über die Vergangenheit. Dabei geht es nicht selten um völlig absurde Vorwürfe, wie ein uns geschilderter Fall zeigt. Einem Vater wurde im Scheidungsverfahren mit folgender Begründung eine schuldhafte Scheidung angelastet:

„Es wurde dem Vater nach einer mehrjährigen Ehe angelastet, dass er Jahre vor der Trennung einen von der Exfrau gewünschten Wäschetrockner zu spät bestellt und sich technisch bei der Beschaffung einer beschichteten Bratpfanne eingebracht hätte.“

Diese Argumentation verdeutlicht, wie grotesk die Anwendung des Verschuldensprinzips in der Praxis ausfallen kann. Solche Fälle sind keine Ausnahme, sondern symptomatisch für ein System, das nach Schuldigen sucht, anstatt eine faire Lösung für die Zukunft zu ermöglichen.

Machtmissbrauch und Ungerechtigkeit im Verfahren

Die sozialwissenschaftliche Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) zeigt, dass das Verschuldensprinzip nicht nur rechtliche, sondern vor allem auch emotionale und soziale Probleme verursacht. Es wird von Anwälten gezielt als Druckmittel eingesetzt, um Unterhaltsforderungen oder Obsorgeregelungen strategisch durchzusetzen. Statt eine Scheidung auf Augenhöhe zu ermöglichen, führt es zu Eskalationen und prolongierten gerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen Kinder häufig zu Spielbällen elterlicher Konflikte werden.

Deutschland als Vorbild: Bedarfsorientierter Unterhalt statt Schuldzuweisung

In Deutschland und der Schweiz wurde das Verschuldensprinzip bereits abgeschafft – und das aus gutem Grund. Dort wird der nacheheliche Unterhalt nicht mehr daran geknüpft, wer in der Ehe „schuldig“ war, sondern an den tatsächlichen Bedarf. Dieses Modell verhindert langwierige, destruktive Verfahren und sorgt für eine sachlichere Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Konsequenzen einer Trennung.

Falsche Argumente für den Erhalt des Verschuldensprinzips

Die Behauptung, dass eine Abschaffung des Verschuldensprinzips vor allem Männern zugutekommen würde, ist nicht nur verkürzt, sondern auch gefährlich. Sie suggeriert, dass wirtschaftliche Absicherung nur durch juristische Schuldzuweisungen erreicht werden kann, anstatt durch faire Regelungen für beide Geschlechter. Eine gerechte Lösung wäre etwa ein Übergangsunterhalt, wie ihn „Wir Väter“ seit Jahren fordern – eine temporäre Unterstützung für wirtschaftlich benachteiligte Partner, ohne Abhängigkeiten auf Dauer zu schaffen.

Fazit: Eine Reform ist längst überfällig

Das Verschuldensprinzip ist ein Relikt aus einer Zeit, in der Ehe als lebenslange Versorgungsgemeinschaft verstanden wurde. Heute leben wir in einer Gesellschaft, in der Gleichberechtigung auch bedeutet, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen – auch nach einer Scheidung. Es ist höchste Zeit, dass Österreich den Schritt in ein modernes, faires Scheidungsrecht macht. Eine Reform muss das Kindeswohl und die Bedürfnisse beider Elternteile in den Mittelpunkt stellen – und nicht mehr die Suche nach einem „Schuldigen“.


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