Gleichberechtigung heute: ein unerfülltes Versprechen

Warum tun sich Österreich und Deutschland so schwer, Väter nach einer Trennung als gleichwertige Elternteile anzuerkennen? Das Gutachten „Gemeinsam getrennt erziehen“ des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen beim deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2021) stellt klar fest:

„Die Befunde zur Entwicklung und zum Wohlergehen von Kindern in geteilter Betreuung (Doppelresidenz e.A.) lassen darauf schließen, dass eine geteilte Betreuung vielfach mit einer positiven Entwicklung der Kinder einhergeht. Allerdings sind auch die familialen Rahmenbedingungen meist günstiger, wenn Eltern sich für dieses Betreuungsarrangement entschließen, sodass sich die Vorteile geteilter Betreuung für die Kinder nivellieren, wenn man diese Rahmenbedingungen in Rechnung stellt (siehe auch Steinbach, Augustijn & Corkadi, 2021). Immerhin stellt geteilte Betreuung in vielen Fällen eine gleichwertige Alternative zum Residenzmodell dar und sollte in stärkerem Maße berücksichtigt und unterstützt werden, als dies bislang der Fall ist.”

Anton Pototschnig, Obmann von „Wir Väter“ und “Plattform Doppelresidenz”, fragt zurecht: Warum gelingt es in anderen Ländern wie Spanien, Belgien oder Australien besser, Väter aktiv und gleichberechtigt in der Betreuung ihrer Kinder einzubinden? Was hindert Deutschland und Österreich daran, hier endlich nachzuziehen?

Beate Tötterström, Mutter zweier erwachsener Söhne und Großmutter, hat aus eigener Erfahrung und Beobachtung erlebt, wie wichtig eine echte Gleichberechtigung von Müttern und Vätern ist. Seit über 20 Jahren glücklich wiederverheiratet und beruflich erfolgreich, setzt sie sich entschieden für eine Reform des Familienrechts ein. In ihrem Gastkommentar fordert sie eine längst überfällige Neuorientierung im Familienrecht, die echte Gleichstellung ermöglicht, toxisches Verhalten verhindert und konsequent das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt rückt.

Gleichberechtigung heute: ein unerfülltes Versprechen

Es ist höchste Zeit, dass Gleichberechtigung auch tatsächlich in unserer Gegenwart ankommt. Frauen und Männer sollten weder gegeneinander ausgespielt noch mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen behaftet werden.

Leider werden heute noch veraltete Rollenbilder unter dem Deckmantel der „Emanzipation“ verbreitet, wie es jüngst in Aussagen von Helene Klar zu sehen war. Eine Beziehung sollte jedoch immer auf Augenhöhe geführt werden, in der beide Partner sowohl emotional als auch finanziell eigenverantwortlich handeln. Emotionale Verletzungen können in Beziehungen zwar vorkommen, doch sind sie nicht geschlechtsspezifisch und sollten niemals ein Grund sein, den anderen Partner massiv zu schädigen oder zu diskreditieren.

Instrumentalisierung der Kinder

Die aktuelle gesellschaftliche und rechtliche Situation führt dazu, dass im Falle einer Trennung oder Scheidung oft der Vater als „Schuldiger“ dargestellt wird. Häufig wird Männern vorgeworfen, sich zu wenig um Haushalt und Kinder gekümmert zu haben, während der Beitrag der Mutter zur finanziellen Sicherung der Familie kaum diskutiert wird. Das Familienleben sollte ganzheitlich betrachtet und entsprechend gewürdigt werden.

Leider führt die derzeitige Praxis dazu, dass Frauen häufig automatisch die hauptsächliche Betreuung und Erziehung zugesprochen wird, unabhängig von der Qualität der Beziehung zwischen Vater und Kindern. Dabei spielt oft die ausgezeichnete Beziehung, die Väter zu ihren Kindern haben, kaum eine Rolle.

Ein großes Problem ist zudem die subtile und manchmal sogar offene Instrumentalisierung der Kinder durch einzelne Mütter, um dem Expartner zu schaden oder persönliche Vorteile zu erlangen. Dieses Verhalten gefährdet massiv das Kindeswohl. Die Entscheidungsmacht bezüglich der Betreuung und Erziehung der Kinder liegt meist bei der Mutter, was teilweise ausgenutzt wird, etwa durch Kontaktverweigerung, Falschbeschuldigungen oder negative Beeinflussung der Kinder. Glücklicherweise gibt es aber auch viele Eltern, die diese Verantwortung gewissenhaft und partnerschaftlich wahrnehmen.

Finanzielle Unabhängigkeit und Eigenverantwortung

In manchen Fällen genießen es einzelne Frauen offen, auf Kosten ihrer Expartner ein bequemes Leben zu führen, anstatt sich beruflich weiterzuentwickeln und unabhängig zu sein. Das Argument der Kinderbetreuung rechtfertigt diese Abhängigkeit nur für einen begrenzten Zeitraum. Es sollte keinesfalls dazu dienen, den Expartner dauerhaft finanziell oder sozial zu belasten.

Auch der Kindesunterhalt wird gelegentlich als willkommene Einnahmequelle betrachtet und als Argument gegen die Einführung eines Doppelresidenzmodells verwendet. Der Ehegattenunterhalt sollte dagegen klar definierten und nachvollziehbaren Härtefällen vorbehalten bleiben.

Ich selbst bin seit 23 Jahren geschieden, seit über 20 Jahren wieder verheiratet und stolz darauf, stets finanziell unabhängig gewesen zu sein und beruflich Erfüllung gefunden zu haben.

Warum gesellschaftlich und juristisch noch immer nicht für echte Gleichstellung und Gleichberechtigung gesorgt wurde, ist mir unverständlich. Eine umfassende Reform des Familienrechts und der entsprechenden Rechtsprechung wäre dringend notwendig, um echte Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für beide Elternteile und insbesondere zum Wohl der Kinder sicherzustellen.

Beate Tötterström


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