Offener Brief an Justizministerin Dr. Zadić und Antwort aus dem Ministerium
Sehr geehrte Justizministerin Dr. Zadić!
Wir Väter machen Erfahrungen mit Richter:innen, von denen wir Ihnen gerne berichten möchten. Wir möchten wissen, wie Sie dazu stehen.
Es sind Erfahrungen der Ungleichbehandlung, der Diskriminierung, der Ausgrenzung. Erfahrungen, die schmerzen, Erfahrungen der Hilflosigkeit und Ohnmacht, aber auch der Wut und Empörung. Wir benötigen Unterstützung und bitten Sie um diese.
Wir sind Väter, die von den Kindesmüttern getrennt leben und dabei folgende Erfahrungen machen:
Wir erleben, dass uns per Gerichtsbeschluss fünf Wochen Sommerurlaub mit dem Kind zugesprochen werden, die Mutter aber das Kind einfach nicht übergibt. Wir machen das Gericht darauf aufmerksam, ohne dass etwas geschieht. Wir erleben aber auch, dass wir unsere Kinder sofort verlieren, wenn sich die Mutter mit derselben Beschwerde an das Gericht wendet.
Wir erleben, dass Mütter unserer Kinder ein massives Alkoholproblem haben, dass sie damit drohen, jemanden umzubringen (offen und amtsbekannt), dass sie Selbstmordversuche verüben, in therapeutischer Behandlung sind, an einer Persönlichkeitsstörung leiden (teilweise diagnostiziert), Drogenprobleme haben und gewalttätig gegenüber unseren Kindern sind und wir trotzdem oft jahrelang darum kämpfen müssen, mehr Kontakt zu unseren Kindern zu bekommen oder sie ganz zu uns zu bekommen, um sie davor schützen zu können.
Wir erleben aber auch, dass wir unsere Kinder sofort verlieren bzw. überhaupt keine Chance haben, ausgedehntere Kontakte zu unseren Kindern zu haben, wenn wir ähnliche Probleme haben, oder auch nur, wenn uns ähnliche Dinge angedichtet werden.
Wir erleben, dass Mütter in Situationen der Überforderung Hilfe bekommen und sie weiterhin alleine mit ihren Kindern im gemeinsamen Haushalt leben dürfen, auch wenn sie ihre Kinder blau geschlagen haben. Wir erleben aber auch, dass wir diese Hilfe nicht bekommen. Zeigen Väter Fehlverhalten, werden Kontakte auf 1 ½ begleitete Stunden in einem Besuchscafé reduziert. Auch wenn das Fehlverhalten im Vergleich zu denen der Mütter weniger schwer wiegt.
Wir erleben, dass Richter:innen über Jahre keine Entscheidungen treffen und wir auch in diesem Zusammenhang unsere Kinder in dieser Zeit gar nicht oder nur eingeschränkt sehen dürfen. Wir erleben, dass Richter:innen sich nicht trauen, gegen Mütter Entscheidungen durchzusetzen und stattdessen die Familiengerichtshilfe, das Jugendamt und Sachverständige zuschalten, ohne dass eine Notwendigkeit besteht, während dem aber sehr viel Zeit vergeht, ohne dass wir unsere Kinder sehen können oder sie uns nach und nach entfremdet werden.
Wir machen die Erfahrung, dass entschieden nur gegen Väter gehandelt wird, nicht aber gegen Mütter, denn da heißt es: dies würde nur auf „dem Rücken der Kinder“ landen. Dass unsere Kinder den Kontakt zu uns verlieren, belastet „deren Rücken“ offenbar nicht. Wir scheinen für unsere Kinder nicht von Bedeutung.
Sehr geehrte Justizministerin Zadić. Alle solche Entscheidungen werden letztgültig von Richterinnen und Richtern sanktioniert. Darum wenden wir uns an Sie. Wir denken, dass Sie über solche Fälle vermutlich zu wenig wissen. Wir fürchten aber auch, dass es Sie gar nicht interessiert.
Sie haben uns 2020 in Reaktion auf einen offenen Brief an Sie versichert, dass Sie unser Anliegen, die Betreuung unserer Kinder nach der Trennung von den Müttern möglichst im gleichen Umfang wie diese übernehmen zu können, unterstützen. Bisher folgten diesen ihren Ankündigungen keine Taten. Ist Ihnen Ihr Versprechen noch ernst?
Sie meinten:
„Zwar mag es in der Gesellschaft mitunter noch die Vorstellung geben, dass es für die Kinder besser sei, wenn sie überwiegend von ihren Müttern betreut werden (ich teile diese Ansicht überhaupt nicht). Oftmals wird aber von unserer Gesellschaft von Müttern eher als von Vätern erwartet, ihre beruflichen Perspektiven zugunsten der Kinder – etwa durch längere Karenzen oder Teilzeitbeschäftigungen – einzuschränken. Dies spielt daher auch bei der Verteilung der Betreuungslasten im Fall der Trennung eine Rolle.“
Wir Väter arbeiten an uns, entwickeln uns weiter. Wir Väter haben vielfach dem Anspruch auf Halbe/Halbe bereits in aufrechter Beziehung entsprochen, nur um zu erleben, dass dies letztlich keinen Wert hat. Wir Väter erleben, dass im Falle der Trennung essentialistisch gedacht und entschieden wird und sind verzweifelt. Jetzt hören wir, dass Sie genau diese Tendenz noch mehr unterstützen wollen, indem Sie die Entscheidung der Mütter über alles stellen wollen.
Wir Väter wollen wahr- und ernstgenommen werden.
Wir Väter wollen dementsprechend mit Ihnen in einen Austausch kommen und bitten Sie um einen Termin.
Für „Wir Väter“
Anton Pototschnig