Leserbrief zum internationalen Tag der Eltern-Kind-Entfremdung
WELS. Wir Väter ist eine überparteiliche Initiative für verantwortungsvolle Vaterschaft, die dafür eintritt, dass Eltern ihre Aufgaben gleichberechtigt leben. Anton Pototschnig, Dipl. Sozialarbeiter und Familiencoach, sowie Obmann von „Wir Väter“ schickte einen Leserbrief
Wir wollen bewusstseinsbildend wirken, damit Väter ihre Verantwortung stärker wahrnehmen (können) und setzen uns gegen jede Form von Benachteiligung eines Elternteils aufgrund gesellschaftlicher Vorurteile ein. Wir sehen uns als Ansprechpartner und suchen dementsprechend den Dialog, um miteinander eine gute Basis für unsere Kinder zu schaffen.
Das Phänomen der „Eltern-Kind-Entfremdung“, auch bekannt als der Ausschluss von Vätern nach Trennung und Scheidung, bleibt ein drängendes Problem. Viele Väter erleben, wie sie zunehmend aus dem Leben ihrer Kinder gedrängt werden, oft unterstellt durch die subtilen oder offensichtlichen Handlungen der Mütter.
Das Konzept der Doppelresidenz, bei dem beide Eltern gleichberechtigt am Leben der Kinder teilhaben, scheitert oft schon im Ansatz. Mütter, die den Vätern die kommunikative Brücke zu den Kindern verwehren, die Treffen boykottieren und emotionale Distanz zwischen Vater und Kind fördern, sind keine Seltenheit. Eine Mutter kann dem Kind suggerieren, der Vater sei weniger wichtig, was tiefe emotionale Wunden hinterlässt.
Trotz Beratungsangeboten und gerichtlicher Unterstützung sehen sich viele Väter einem verlorenen Kampf gegen die Zeit und die Entfremdung gegenüber. Gerichte verzögern Entscheidungen, und die Kontakte zum Kind brechen oft vollständig ab. Der Verlust des Kontakts führt nicht selten dazu, dass Kinder aus Selbstschutz den Kontakt zum außenstehenden Elternteil meiden, um Konflikten zu entgehen.
Die Problematik wird oft als Hochstrittigkeit fehlinterpretiert, wobei behauptet wird, dass Streitigkeiten beiderseits gleichwertig seien. Doch die Realität zeigt, dass die Macht meist bei dem Elternteil liegt, bei dem die Kinder hauptsächlich leben – in 90 Prozent der Fälle sind dies die Mütter. Diese können die Situation nutzen, um den Vater weiterhin auszuschließen, unterstützt von einer gerichtlichen Praxis, die zu oft zu spät eingreift.
Die Entfremdung wird im professionellen Kontext nicht als eigenständiges Phänomen gesehen, was dazu führt, dass die wahren Probleme oft unadressiert bleiben. Stattdessen wird Machtmissbrauch seitens der Mütter selten thematisiert, da dies gegen die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen als friedfertig und nicht aggressiv steht. Männer hingegen werden oft pauschal als aggressiv und mächtig gesehen.
Die Doppelresidenz, anerkannt und durchgesetzt in Ländern wie Frankreich, zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, diesem Missstand entgegenzuwirken. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in mehreren Urteilen gezeigt, dass zu langsames Handeln der Behörden gegenüber dem Kontakt- und Sorgerecht nicht toleriert werden sollte. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Österreich für seine Untätigkeit zur Verantwortung gezogen wird. Bis dahin liegt die Verantwortung bei all jenen, die sich der Problematik nicht stellen wollen. Eine echte Gleichberechtigung in der elterlichen Sorge würde nicht nur Vätern, sondern vor allem den Kindern zugutekommen, deren Wohl im Mittelpunkt aller Entscheidungen stehen sollte.