Induzierte-Eltern-Kind-Entfremdung (I-EKE)  =  Parental Alienation (PA)

Definition Eltern-Kind-Entfremdung und Differenzierung

Der Begriff Eltern-Kind-Entfremdung (EKE) beschreibt allgemein ein Phänomen, bei dem sich ein Kind stark mit dem bevorzugten Elternteil verbündet und die Beziehung zum außerhalb lebenden Elternteil ablehnt und abbricht. Das Phänomen kann bei Kindern und Jugendlichen auftauchen.
Der Begriff der EKE wird primär im Zusammenhang mit der Dynamik einer konflikthaften Trennung und Scheidung verwendet. Wesentlich dabei ist, dass sich das Kind aktiv vom außerhalb lebenden Elternteil abwendet.

Das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung kann allerdings erst in seiner komplexen Bedeutungsbreite erfasst werden, wenn man der Frage nachgeht, warum ein Kind den Kontakt völlig ablehnt. Entscheidend dabei ist, ob es nachvollziehbare Gründe gibt, die mit dem abgelehnten Elternteil in Verbindung stehen, oder nicht. Dementsprechend muss unterschieden werden zwischen der Reaktiven-Eltern-Kind-Entfremdung (R-EKE) und der Induzierten-Eltern-Kind-Entfremdung (I-EKE)

Eltern-Kind-Entfremdung (EKE)

Reaktive Eltern-Kind-Entfremdung Es gibt nachvollziehbare Gründe, warum sich ein Kind vom außerhalb lebenden Elternteil abwendet und in weiterer Folge auch entfremdet.

Induzierte Eltern-Kind-Entfremdung
Es gibt keine relevanten, nachvollziehbaren im außerhalb lebenden Elternteil begründeten Ursachen.
Der Elternteil aber, bei dem das Kind lebt, trägt – unbewusst oder bewusst – wesentlich zur Entfremdung des Kindes vom anderen Elternteil bei.

Reaktive Eltern-Kind-Entfremdung

Wesentlich dabei ist, dass das Kind sich aus nachvollziehbaren Gründen zum eigenen Schutz von einem Elternteil abwendet, es also reale negative Erfahrungen gemacht hat. Solche Gründe können sein:

  • Gewalt gegenüber dem Kind selbst oder miterlebte Gewalt gegenüber dem anderen Elternteil, Missbrauchserfahrungen, Vernachlässigung oder andere defizitäre Erfahrungen mit dem außerhalb lebenden Elternteil.
  • Das Kind gerät bei zwei strittigen Elternteilen dermaßen zwischen die Fronten, dass seine einzige „Rettung“ die Anbindung an einen und die Ablehnung des anderen ist. Hinter der Distanzierung steht also primär die Distanzierung vom Konflikt an sich.
  • Das Kind spürt ein starkes Ungleichgewicht im „Kräfteverhältnis“ der Eltern und fühlt sich quasi verpflichtet, dem Unterlegenen den Rücken zu stärken bzw. diesen vor dem anderen zu schützen.
  • Das Kind fühlt sich vom außerhalb lebenden Elternteil ebenso verlassen und dementsprechend gekränkt oder es fühlt sich veranlasst, sich zu schnell in dessen „neue Familie“ einordnen zu müssen. 
  • Das Kind erlebt durch den abgelehnten Elternteil eine persönliche Kränkung im Selbstwertgefühl bzw.
  • Merkmale oder Eigenschaften des betreuenden Elternteils werden vom außerhalb lebenden Elternteil abgewertet, wobei sich das Kind selbst jedoch mit diesen Eigenschaften identifiziert.
  • Das Kind erfährt mangelnde Einfühlsamkeit und Zuwendung durch den außerhalb lebenden Elternteil.

In allen diesen Fällen sind Kinder überfordert und benötigen Schutz. Um Kinder und deren Familien aus dieser Überforderung herauszuholen, benötigt es Unterstützung durch geschulte Helfer:innen. Dort, wo sexueller Missbrauch stattgefunden hat, bedarf es des weiteren Schutzes des Kindes und ist oft auch eine bedingungslose Kontaktunterbrechung zwischen Kind und Missbraucher:in erforderlich. In den Fällen aber, wo es zu einer situativen Überforderung, ev. auch Gewalt (Beschimpfungen, Schubsen, Ohrfeige, etc..) gekommen ist, ist neben dem Schutz vor weiterer Gewalt auch eine Unterstützung der Familie notwendig, um mittelfristig die Beziehung zu beiden Elternteilen  wieder aufnehmen zu können. Gewalt in undifferenzierter Art und Weise als absoluten Ausschlussgrund zu sehen, würde dem Bedürfnis des Kindes langfristig nicht gerecht werden. (Dementsprechend werden in der Jugendwohlfahrt Kinder, die Gewalt durch die Mutter und/oder dem Vater erlebt haben, nicht automatisch von ihnen für immer getrennt, sondern die Eltern werden dahingehend unterstützt, einen positiven, gewaltfreien Umgang mit ihnen zu finden und somit in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt.)

Induzierte Eltern-Kind-Entfremdung

Induziert bedeutet hier „von außen angeregt“. Im Falle der induzierten Eltern-Kind-Entfremdung ist die ablehnende Haltung des Kindes zum vorher vertrauten Elternteil aus dem realen Verhalten des abgelehnten, hinreichend guten Elternteils nicht nachvollziehbar bzw. steht in keinem Verhältnis zu diesem. Betroffene Kinder und Jugendliche hatten bis zur Trennung eine innige und vertrauensvolle Beziehung zum nun abgelehnten Elternteil. Der hauptsächlich betreuende Elternteil trägt – passiv oder aktiv – wesentlich zur Entfremdung des Kindes zum anderen Elternteil bei. Die passive (also unbewusste, nicht gezielt angestrebte) Instrumentalisierung macht dabei die Mehrzahl der Fälle aus.  

Mischformen und Schweregrad der Entfremdung

In der Fachwelt werden heute im Wesentlichen zwei Theorielinien vertreten. Die einen haben eher das ausgrenzende Elternverhalten im Blick, während die anderen den Fokus auf die Familiendynamik und die konflikthafte Elternbeziehung legen. In vielen Fällen kann wohl von einer Mischform aus reaktiver und induzierter Entfremdung ausgegangen werden. Liselotte Staub (Schweizer Familiengerichtspsychologin) dazu: „An der schrillen Ablehnung eines hinreichend guten Elternteils, mit dem das Kind vor der elterlichen Trennung in emotional tragfähiger Beziehung stand, sind in der Regel zwei Prozesse beteiligt: Zum einen ist die Ablehnung Ausdruck eines Bewältigungsversuchs im schweren Loyalitätskonflikt, zum anderen ist diese Ablehnung ohne die Manipulation bzw. Indoktrination einer Bezugsperson nicht denkbar“ (Staub, 2018a, S. 103 ff.)

In der Literatur werden drei Schwergrade von Entfremdungsreaktion des Kindes werden unterschieden: eine milde, eine mittlere und schwere Form. Dabei handelt es sich um einen dynamischen Prozess, mit einer Tendenz hin zur Verfestigung der Entfremdung. Eine möglichst frühzeitige Intervention ist dementsprechend essenziell!
Bei der milden und mittleren Ausprägung kommt der schellen Festlegung und Umsetzung von Betreuungszeiten zum außerhalb lebenden Elternteil eine wichtige Rolle zu, flankiert von Psychoedukation und Elternberatung. Bei der schweren Form der Entfremdungsreaktion müssen Kinder und Eltern verpflichtend in einen familientherapeutischen Prozess eingebunden werden, der verbunden sein muss mit einem Eingriff in das Obsorgerecht, ev. auch in Kombination mit einem zeitweisen Haushaltswechsel des Kindes/Jugendlichen.

Schädigende Auswirkung der induzierten Eltern-Kind-Entfremdung auf die kindliche Psyche

Unter dem Begriff „Loyalitätskonflikt“ wird ein bekanntes Phänomen im Zusammenhang mit Trennungskindern benannt. Im Fall einer induzierten Eltern-Kind-Entfremdung wird dieser – anstatt ihn zu lindern – weiter vertieft und verfestigt. Dies sei im Folgenden näher ausgeführt.

Zum beziehungsuntergrabenden Elternteil gibt es häufig ein inadäquates Beziehungsmuster in Form einer „Verpartnerung“ (das Kind wird quasi zum Partnerersatz) oder einer „Parentifizierung“ (das Kind wird quasi in eine Elternrolle gedrängt, es soll den realen Elternteil z.B. trösten, im Alltag unterstützen etc.). Beides führt zu einer emotionalen Verstrickung, zum Verlust an emotionaler Sicherheit und einer massiven Überforderung des Kindes. Den eigenen Gefühlen zu trauen und auch danach zu handeln, wird massiv behindert. Die Unmöglichkeit, eigene Gefühle von den Erwartungen des Elternteils zu unterscheiden, behindert langfristig die Entwicklung von Autonomie und die Persönlichkeitsreifung des Kindes.
Die Ablehnung des zweiten Elternteils, den das Kind zuvor geliebt hat, verursacht darüber hinaus massive Schuld- und Angstgefühle, die das Kind von sich abspalten muss. Dieser Prozess bindet sehr viel Energie.
Die Widersprüchlichkeit von einerseits positiven Erinnerungen an den vormals geliebten Elternteil und der nun ausschließlich negativen Zuschreibung an genau dieselbe Person, ohne entsprechend reale negative Erfahrungen mit diesem Menschen gemacht zu haben, führt zu einer kognitiven Dissonanz und emotionalen Unstimmigkeit bzw. Anspannung.
Ambivalente Gefühle müssen verdrängt bzw. abgespalten werden. Elternteile können nicht mehr positiv und negativ zugleich erlebt werden (wie es im Alltag aber immer vorkommt!). Es gibt zumindest dem ausgegrenzten Elternteil gegenüber nur noch negative Gefühle. Der für die Persönlichkeitsreifung so wichtige Prozess, mit Widersprüchen und Ambivalenzen umgehen zu lernen, wird massiv behindert.
Durch die einseitige „Programmierung“ des Kindes (bewusst oder unbewusst) bleibt der elterliche Konflikt aufrecht – ein Faktor, der nachgewiesenermaßen einer der größten Belastungsaspekte für Kinder darstellt.

Intrapsychisch betrachtet ist das Kind gezwungen, einen Teil seiner eigenen Identität abzulehnen. Kinder wissen von ihrer Herkunft aus beiden Elternteilen. Muss es einem Elternteil ausschließlich negative Eigenschaften zuschreiben, muss es auch einen Teil von sich selbst so betrachten und als ablehnungswürdig ansehen.  Selbstwert und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes leiden darunter.

Empirische Studien beschreiben als Langzeitfolgen bei entfremdeten Kindern erhöhte psychosoziale Anpassungsstörungen, ein geringeres Selbstwertgefühl bis hin zu Selbsthass, Schuldgefühlen, vermehrten Angstzuständen, einem unsicheren Bindungsverhalten, erhöhter Neigung zu Suchtmitteln und Depressionen, einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatischen Störungen.
Entfremdete Kinder erleiden außerdem erheblichen sozialen Verlust. Mit dem Beziehungsabbruch zu ihrer zweiten Elternperson gehen den betroffenen Kindern wichtige, schützende Bindungsressourcen verloren. Neben der zweiten Elternperson sind dies meist auch die Bindung zu den zugehörigen Großeltern und weiteren Familienmitgliedern der zweiten Familienhälfte.

Die Auswirkungen auf die entfremdeten und vom Familienleben ausgegrenzten Eltern (sowie mitbetroffenen Großeltern und weiteren Familienmitgliedern) sind ebenfalls gravierend. Sie erleben den Kontaktabbruch zum Kind als bedrückenden schmerzlichen Verlust und empfinden oft tiefe Hilf- und Hoffnungslosigkeit in ihrer Lage. Von den Professionen fühlen sie sich oft nicht verstanden, alleingelassen und unzureichend unterstützt. Berichtet werden Angst- und Konzentrationsstörungen, Depression, erhöhte Neigung zu Suchtmittelgebrauch, psychosomatische Störungen bis hin zum Verlust der Arbeitsfähigkeit und erhöhter Suizidalität.

Retrospektive Studien unter erwachsenen, ehemals entfremdeten Kindern sowie Beobachtungen aus der psychologischen Beratung konnten auch Muster intergenerativer Weitergabe von entfremdendem Elternverhalten identifizieren. So kommt es dazu, dass entfremdete Kinder, wenn sie erwachsen und selbst Eltern geworden sind, in erhöhtem Maße Gefahr laufen, selbst zu entfremdenden oder ausgegrenzenden Elternpersonen zu werden, wenn die Reihe nicht unterbrochen wird. (nach Marc Serafin)

Expertenstreit, oder von der Geschichte von PAS zu PA und wie Kinder und Familien zwischen den Fronten alleingelassen werden

Das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung wurde erstmal 1985 vom US-Amerikanischen Psychiater Richard A. Gardner beschrieben. Er entwarf anhand von 99 untersuchten Fällen das Konzept des PAS (= Parental Alienation Syndrome). Schon bald wurde die Klassifikation Syndrom kritisch hinterfragt. Der Umstand, dass PAS nicht in das Klassifikationssystem DSM-V bzw. des ICD-9 aufgenommen wurde, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass es das Phänomen der PA (= Parental Alienation) nicht gibt. Die Aufnahme scheiterte daran, dass die kindliche Ablehnung eines zuvor geliebten Elternteils nicht als losgelöste individuelle innerpsychische Störung des Kindes an sich gesehen wurde, sondern als Folge der elterlichen Beziehungsdynamik, welche sich schädlich auf das Kind auswirkt. Die Bezeichnung als Syndrom wurde dementsprechend fallen gelassen.

Trotz anfänglicher methodischer Fehler konnten die von Gardner beschriebenen Merkmale auch in weiteren, qualitativen Studien bestätigt werden. Weltweit liegen über 1.300 Studien vor, welche die induzierte Eltern-Kind-Entfremdung und die Auswirkungen auf die Kinder ausführlich beschreiben. Auch die WHO hat unter dem Diagnoseschlüssel QE 52.0 „Caregiver-child relation problem“ das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung in die weltweit gültigen Diagnoseleitfäden aufgenommen.

Der Begriff der Eltern-Kind-Entfremdung stolperte aber noch über ein weiteres Problem. Indem meist nicht zwischen reaktiver und induzierter Eltern-Kind-Entfremdung unterschieden wurde, sondern allgemein von Eltern-Kind-Entfremdung gesprochen wird, kam es zu erbitterten Kämpfen zwischen den Befürwortern auf der einen Seite und jenen, die das Konzept als völlig absurd ablehnten, auf der anderen. Der Streit auf wissenschaftlicher Ebene setzte sich auf Ebene der Praktiker:innen und in den Lagern der Aktivist:innen fort.

Gegner:innen des Begriffs sahen und sehen in der Ablehnung des Kindes primär die reaktive Seite, also die begründete Ablehnung von Kontakten als Folge von Missbrauch, Gewalt u.a.m. Dementsprechend wurde den Befürwortern vorgeworfen, mit der Instrumentalisierung des Begriffs EKE lediglich die Gewalt fortsetzen zu wollen. Befürworter:innen des Phänomens der EKE wiederum sahen sich zu Unrecht beschuldigt, da sie ausschließlich die induzierte, also die von einem Elternteil angeregte, EKE meinten. Durch die fortlaufende Vermischung von „Äpfeln und Birnen“ wurde aneinander vorbeigeredet und der Diskurs trat jahrelang auf der Stelle (Fußnote: Interessanterweise spiegelt sich hier das Phänomen des mangelnden Hinhörens und Aneinander-Vorbeiredens, das streitende Paare in ihrem Konfliktmuster kennzeichnet, quasi „im Feld“ der Expert:innen wider). Die konsequente Trennung der beiden Begriffe und deren Implikationen soll entsprechend zur Klärung beitragen.  

Ungeachtet aller Differenzen gibt es auf wissenschaftlicher Ebene in Deutschland zumindest ein paar Gemeinsamkeiten. Die wesentlichsten dabei sind:

  • die Notwendigkeit einer schnellen Intervention
  • spezialisierte flächendeckende Beratungs- und Hilfskonzepte
  • verstärkte Forschung

Die „Babylonische Sprachverwirrung“ in der Fachwelt hat dennoch gravierende Folgen: So positioniert sich die Österreichische Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie (ÖGKJP) 5/2023 klar gegen das Konzept von PAS/Entfremdungssyndrom und anderen, aus deren Sicht „pseudomedizinischen Begriffen“ sowie gegen „Scheindiagnosen in der Justiz“. Die ÖGKJP orientiert sich dabei an den deutschen Kolleg:innen, die sich ihrerseits gegen das Phänomen der EKE stellen. Eine eigene Forschungstätigkeit dazu gibt es in Österreich nicht.
Die ÖGKJP unterstellt dem Konzept der EKE, mehr das Resultat ideologischer Vorstellungen zu sein als dem aktuellem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. Die weltweite, nicht-deutschsprachige Forschung scheint weder für deutsche noch für österreichische Gegner des Konzepts EKE zu existieren. Dass sich Trennungsdynamiken, Bindungsgeschehen und Loyalitätskonflikte auf der ganzen Welt ähneln, scheint nicht von Belang.
Auffallend ist vor allem, wie sehr sich die Stellungnahme der ÖGKJP entlang der Argumentationslinie von Frauenschutzeinrichtungen und Frauen-Lobbyvereinen bewegt. So wird die Gefahr, Erwachsene als Täter(:innen) zu etikettieren, entfremdende Elternteile zu pathologisieren und die Willensbildung des Kindes zu entwerten oder zu pathologisieren, hervorgestrichen. Demgegenüber wird darauf verwiesen, dass die Eltern-Kind-Entfremdung dazu benutzt werde, um Vorwürfe häuslicher und sexueller Gewalt zu negieren. Richter:innen und Angehörigen anderer Professionen wird pauschal ein mangelndes Verständnis gegenüber Kindern, die Zeugen häuslicher Gewalt ausgesetzt waren, attestiert.

Nun sind alle vorgebrachten Argumente nicht einfach so von der Hand zu weisen. Ganz im Gegenteil muss davon ausgegangen werden, dass Richter:innen und andere Expert:innen sich sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite immer wieder „versündigen“, indem sie nicht genau hinschauen oder vorurteilsbehaftet mal die eine, mal die andere eingeschränkte, vielleicht auch ideologisch begründete Haltung in die Fallbetrachtung einbringen und damit das große Ganze übersehen. Alle Berufsgruppen einseitig unter den Generalverdacht zu stellen, Gewalt in welcher Form auch immer zu ignorieren, scheint jedoch sehr auf ideologischem Boden zu stehen. In diesem Zusammenhang verwundert es nicht so sehr, dass Dr. Ulrike Altendorfer-Kling, die für den Vorstand der ÖGKJP zeichnet, eine offizielle Kooperationspartnerin des Frauenlobbyvereins FEM.A ist. Auch verwundert es nicht, dass Mütter von Wien extra nach Salzburg pilgern, um von dieser Gutachterin Befunde zu bekommen – mit dem Ergebnis , Väter in ihren Kontakten zu beschränken.  
Hier ist bewusst von Müttern die Rede, denn 90% der Kinder werden hauptsächlich von ihnen betreut. Wäre es umgekehrt, wären es Väter (denn EKE ist natürlich unabhängig vom Geschlecht des Elternteils).

Mütter hingegen scheinen in Zusammenhang mit dem Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung ausschließlich als Opfer wahrgenommen zu werden. Müttern wird ganz grundsätzlich nichts Schlechtes zugetraut und im Gefolge dieses traditionellen Rollenstereotyps und dem daraus folgenden „gender bias“ werden Kinder als deren mögliche Opfer vielfach übersehen.
Nicht das Aufzeigen von Gefahren einer einseitigen und vorschnellen EKE-Etikettierung an sich ist das Problem der Stellungnahme der ÖGKJP, sondern das Fehlen jeglicher Differenzierung und damit die Aburteilung ganzer Kohorten von Wissenschaftlern, Fachleuten und entfremdeter Elternteile (in erster Linie Väter) und manipulierter Kinder. Aber worum geht es eigentlich? Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht in Kürze die ganze Problematik:

Erinnerung einer Erwachsenen: Mir wurde Angst vor meinem Vater gemacht: „Wenn ich ihn sehen konnte und ich mich mit ihm wohl fühlte, wurde mir danach immer ein schlechtes Gewissen gemacht. Ich musste die Laune meiner eifersüchtigen Mutter ertragen. Schließlich weinte ich immer, wenn mein Vater mich abholte. Bei Gericht war ein junger Psychologe, der mich fragte, ob ich Angst vor meinem Vater hätte. Ich erwiderte mit meinen 8 Jahren mit „Ja“. Denn ich hatte immer wochenlang mit den Vorhaltungen meiner Mutter zu tun. Das Gericht setzte die Kontakte ganz aus. Mit 18 suchte ich wieder Kontakt zu meinem Vater und bin seither in einem sehr guten Verhältnis zu ihm. Ich bin darüber sehr glücklich, aber wir haben viele wertvolle Jahre verloren.“ (Weitere Fallbeispiele anzeigen)

Schlussbemerkung:
Am obigen Streit der Wissenschaftler wird deutlich, welche Verantwortung sie mit ihrer Expertise tragen. Solange es hier Positionskämpfe um die Meinungshoheit gibt, wird sich für die Kinder nichts ändern. Leider spiegelt sich auf wissenschaftlicher Ebene auf fatale Weise wider, was auch bei konflikthaften Eltern zu beobachten ist: Aufeinander hinhacken, einander abwerten und den/die andere/n der Verantwortungslosigkeit bezichtigen, schließlich den Konflikt über die Öffentlichkeit austragen, anstatt sich zusammensetzen und einen konstruktiven Weg zu finden.

Jenseits der Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Validität des Phänomens Eltern-Kind-Entfremdung gibt es genügend Verbesserungsmöglichkeiten, die schon jetzt in Angriff genommen werden könnten, um die Situation für die Familien radikal zu verbessern: schnelle Abklärung, entsprechende Schutzmaßnahmen, wenn nötig sofortige Kontaktwiederherstellung, wenn nichts dagegensteht Konsequenzen für Eltern, die sich dagegen verwehren, multiprofessionelle Zusammenarbeit. Hauptverantwortlich dafür ist das Justizministerium mit Fr. Dr. Sporrer an der Spitze. Sie könnte entsprechende Arbeitsaufträge unter Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisationen bereits jetzt in die Wege leiten. Eine Gesetzesreform ist dafür nicht nötig. Die jetzige Praxis des Hinauszögerns und des Einholens unzähliger Expertenmeinungen und damit das Feld dem Kampf der Anwälte als verlängerter Arm beider Seiten zu überlassen, ist definitiv die schlechteste  Lösung. Wir haben eine ineffiziente und teure Familienrechtssprechung. (link zum Artikel)

Einen Beitrag von E. Kruk, von der Universität Columbia, mit dem Titel
„Den Leugnungen von Eltern-Kind-Entfremdung entgegentreten“ können sie hier lesen.

Forschung

Wird auch im deutschsprachigen Raum nur wenig geforscht (was an sich schon eine Studie nach dem „Warum“ rechtfertigen würde), so gibt es international sehr viel an Interesse und Forschung zu diesem Thema. Allein PASG = die internationale Parental Alienation Study Group, zählt mehr als 700 Mitglieder. PASG ist eine gemeinnützige internationale Organisation von Psychologen, Juristen, betroffenen Eltern und Großeltern sowie Kinder- und Familienanwälten, die sich für die Erforschung der Eltern-Kind-Entfremdung interessieren.

In familienrechtlichen Verfahren wird in vielen Ländern beachtet, ob entfremdendes Elternverhalten bei einer oder beiden Elternpersonen erkennbar ist, und in die institutionelle Handhabung einbezogen.

In einigen Ländern (Brasilien, Mexico, Israel, Italien) ist entfremdendes Elternverhalten per Gesetz sanktioniert.

In den USA, Kanada, Australien und Großbritannien befinden sich familientherapeutisch fundierte Interventionskonzepte in Anwendung und Weiterentwicklung.

Wie kann man einen induzierten Eltern-Kind-Entfremdungsprozess erkennen?

Amy Baker und ihr Team haben ein Analysemodells entwickelt, welches helfen soll, einen induzierten -Eltern-Kind-Entfremdungsprozess besser zu erkennen. Dieses besteht aus dem Fünf-Faktoren-Modell, einem Cluster aus 17 wiederkehrenden elterlichen Verhaltensweisen und 8 typischen Verhaltensweisen von Kindern.

5-Faktoren-Modell

Dieses Modell, von Amy Baker und ihrem Team entwickelt, soll bei kindlicher Kontaktablehnung als Beobachtungsleitfaden dienen. Ziel ist es, Anhaltspunkte für eine familiäre Entfremdungsdynamik zu erkennen. Diese fünf Faktoren sind:

  1. Das Kind vermeidet aktiv eine Beziehung zum zweiten Elternteil, widersetzt sich diesem oder lehnt ihn ab.
  2. Zuvor bestand eine positive Beziehung zwischen dem Kind und dem abgelehnten Elternteil
  3. Es gab weder einen sexuellen Missbrauch noch Vernachlässigung oder eine ernsthafte mangelhafte Erziehung seitens des abgelehnten Elternteiles.
  4. Es liegen mehrere entfremdende Verhaltensweisen seitens des bevorzugten Elternteiles vor.
    1. Siehe dazu die 17 wiederkehrenden elterlichen Verhaltensweisen
  5. Das Kind zeigt viele der bekannten Verhaltensweisen, die auf eine Entfremdungsreaktion beim Kind hinweisen.
    1. Siehe dazu die 8 Verhaltensmerkmale des Kindes

17 wiederkehrenden elterlichen Verhaltensweisen

  1. Schlechtreden des abgelehnten Elternteils
  2. Kontaktreduzierung
  3. Störung der Kommunikation zwischen Kind und dem abgelehnten Elternteil
  4. Verhinderung symbolischer Kommunikation (Dinge, die das Kind positiv an den abgelehnten Elternteil denken lassen wie Fotos etc.)
  5. Liebesentzug
  6. Dem Kind sagen, der andere Elternteil wäre gefährlich
  7. Das Kind zwingen, zu entscheiden
  8. Dem Kind sagen, dass der andere Elternteil es nicht mehr lieben würde
  9. Das Kind bezüglich der Belange der Erwachsenen ins Vertrauen ziehen
  10. Das Kind dazu nötigen, den anderen Elternteil abzulehnen
  11. Das Kind dazu anhalten, den anderen Elternteil auszuspionieren
  12. Das Kind bitten, Geheimnisse vor dem anderen Elternteil zu bewahren
  13. Den anderen Elternteil beim Vornamen und nicht mit „Mama“ oder „Papa“ zu benennen
  14. Einen Stiefelternteil als „Mama“ oder „Papa“ bezeichnen und das Kind dazu auffordern, dies ebenfalls zu tun
  15. Medizinische, schulische oder andere wichtige Informationen vorenthalten, den Namen des abgelehnten Elternteils auf Dokumenten nicht angeben
  16. Den Namen des Kindes ändern, um die Verbindung zum anderen Elternteil zu reduzieren
  17. Abhängigkeiten kultivieren und die Autorität des anderen Elternteils untergraben

Eine ausführliche Beschreibung aller Punkte erhalten sie auf der Homepage hochstrittig.org

8 Verhaltensmerkmale eines Kindes

Charakteristische Merkmale im Verhalten des Kindes ist sind:

  1. Der ausgegrenzte Elternteil wird gezielt ausgegrenzt und verunglimpft
    1. „…. war immer aggressiv und gewalttätig.“ „Hat sich überhaupt nicht um uns gekümmert.“ „Ist nur aufs Geld aus.“ …
  2. Schwache, leichtfertige oder absurde Gründe werden vom Kind angeführt
    1. z.B. der Vater war ungeduldig und aufbrausend“, „Es gab wenig gemeinsame Aktivitäten.“ …)
  3. Kaum bis keine Ambivalenz bezüglich des ausgegrenzten Elternteiles
    1. Werden Kinder gefragt, ob es irgendwelche positiven Erinnerungen an den ausgegrenzten Elternteil gibt, zeigen sie sich sicher, dass es die nicht gibt. Auch die Möglichkeit zukünftiger, positiver Erfahrungen werden ausgeschlossen. Selbst nachgewiesenermaßen schwer misshandelte Kinder berichten in der Regel auch über positive Anteile des misshandelnden Elternteiles.         
  4. Reflexartige Parteinahme für den programmierenden Elternteil
  5. Ausweitung der Feindseligkeit auf die gesamte Familie und das Umfeld des zurückgewiesenen Elternteils
  6. Das Phänomen der „eigenen Meinung“
  7. Verleugnung von Schuldgefühlen über die Grausamkeit gegenüber dem entfremdeten Elternteil
  8. Übernahme „geborgter Szenarien“

Was tun? Interventionen bei induzierter Eltern-Kind-Entfremdung

Eine ausführliche Beschreibung finden sie auf: hochstrittig.org – Wie Wiedervereinigung gelingen kann.

Fallbeispiele

Bitte klicken Sie hier, um zu den Fallbeispielen zu gelangen

Links zu Filmen, Dokumentationen und Talkshows

Bitte klicken Sie hier, um eine Übersicht der Videos zu sehen

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte – 4 Verurteilungen

Am EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) wurden bisher 4 Staaten wegen Ineffizienten Vorgehens gegen EKE verurteilt (Quelle: hochstrittig.org)

  • Ukraine, verurteilt 2021:
    • „Das Gericht ist der Auffassung, dass ein derart begrenztes Vorgehen der Gerichtsvollzieher nicht ausreichend war. Es hat nicht den Anschein, dass die Behörden während des Vollstreckungsverfahrens jemals Vorkehrungen für die freiwillige Befolgung des Urteils in Erwägung gezogen haben, z. B. durch die Entwicklung einer umfassenden Vollstreckungsstrategie, einschließlich einer gezielten Unterstützung des Kindes, das offensichtlich Anzeichen einer elterlichen Entfremdung zeigte.“
  • Italien, verurteilt 2021
    • RZ 80: Das Gericht ist der Auffassung, dass die Behörden im vorliegenden Fall nicht die gebotene Sorgfalt walten ließen und hinter dem zurückblieben, was vernünftigerweise von ihnen erwartet werden konnte. Insbesondere ist es der Ansicht, dass die inländischen Gerichte keine geeigneten Schritte unternommen haben, um die Voraussetzungen für die volle Verwirklichung des Umgangsrechts des Vaters des Kindes zu schaffenDem Vater wurde eine Entschädigung von 13.000€ und ein Kostenersatz von 15.000€ zugesprochen
  • Moldawien, verurteilt 2019
    • Da die Behörden im vorliegenden Fall zu zögerlich vorgingen und zu viel Zeit verstreichen ließen, wurde der entfremdeten Mutter eine Entschädigung in Höhe eines 4-fachen durchschnittlichen Jahresgehaltes zugesprochen.EGMR anerkennt Parental Alienation:
      Ausführlicher Kommentar zum Urteil von Hildegund Sünderhauf und Martin Widrig
      https://sui-generis.ch/article/view/sg.160/1661
  • Bulgarien, verurteilt 2022
    • 12. Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Sozialdienste unter den gegebenen Umständen eine entscheidende Rolle hätten spielen können und müssen. Das Gericht misst den Schlussfolgerungen einer Kommission der Staatlichen Agentur für Kinderschutz besondere Bedeutung bei, die deren Arbeit in diesem Fall bewertete und im Juni 2016 zu folgendem Ergebnis kam: Die Sozialdienste hatten Aktionspläne und Berichte erstellt, waren zu den Zeiten anwesend, als der Gerichtsvollzieher versucht hatte, das Kind zu übergeben, und organisierten Treffen zwischen Sozialarbeitern und Psychologen sowie dem Vater, der Mutter und dem Kind. Die Sozialdienste selbst hatten zwischen Juni 2014 und November 2015 festgestellt, dass die Mutter den Aufenthalt des Kindes beim Vater und bei den Großeltern für unnötig hielt, dass sie das Kind häufig nicht zu den Treffen mit den Sozialarbeitern mitnahm, dass ihre mangelnde Bereitschaft, Treffen zwischen Vater und Tochter zu fördern, dem Kind schadete, dass ein ernsthaftes Risiko für das Kind bestand, ein elterliches Entfremdungssyndrom zu entwickeln, und dass die psychologische Arbeit mit dem Vater allein unzureichend war. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die anhaltende ineffektive Inanspruchnahme sozialer Einrichtungen und das Ausbleiben einer Änderung des Vorgehens der sozialen Dienste trotz mangelnder Fortschritte dazu geführt haben, dass L. die Umsetzung des Umgangsrechts des ersten Beschwerdeführers aufgeschoben und die Entfremdung des Kindes von seinem Vater verstärkt hat. Die Sozialdienste hätten zu lange gewartet, um L. angesichts ihrer Weigerung, zu kooperieren, verbindliche Anweisungen zu erteilen; sie hätten es versäumt, der Staatsanwaltschaft die Weigerung von L. zu signalisieren, den gerichtlichen Entscheidungen nachzukommen. Diese Versäumnisse hätten die Störung der Rechte des Kindes begünstigt.“
  • Österreich / Deutschland…
    • Nur eine Frage der Zeit

Fachliteraturverzeichnis

Basis dieser Seite:

hochstrittig.org

hochstrittig.org – eine Rechercheplattform mit vielen zusätzlichen Informationen zum Thema I-EKE


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"Wir Väter - für verantwortungsvolle Vaterschaft":