Väterrechtler:innen und Feminist:innen aller Länder vereinigt Euch!
Derzeit findet ein spannender Diskurs zwischen Väterrechtler:innen und Feminist:innen statt, da das österreichische Familienrecht überarbeitet werden soll. Im aktuellen medialen Diskurs wird allerdings der Eindruck erweckt, dass Väterrechte und Feminismus einander ausschließen. Eine geplante Änderung zielt z.B. darauf ab, dass in Zukunft im Regelfall jeder Elternteil mindestens ein Drittel Kinderbetreuung übernehmen soll. Aber anstatt des Aufschreis – Was, nur ein Drittel!?! – wird nur die Befürchtung geäußert, dass dies zu einer Minderung des väterlichen Unterhalts führen könnte.
Es fehlen zwar leider valide statistische Grundlagen, trotzdem ist davon auszugehen, dass in Österreich das gängige Modell bei getrennt lebenden Eltern nach wie vor das Residenzmodell ist. Das bedeutet, dass ein Elternteil (in den meisten Fällen die Mutter) die Betreuung des Kindes übernimmt und der andere Elternteil (in den meisten Fällen der Vater) ein Besuchs- oder Kontaktrecht hat – sprich das Kind jedes zweite Wochenende auf “Besuch” hat. Dafür leistet der „Besuchselternteil“ finanziellen Unterhalt. Um die folgenden Ausführungen unkompliziert zu halten, gehen wir vom wohl statistisch wesentlich häufigeren Fall aus, dass die Mutter betreut und der Vater Besuchsrecht hat und finanziellen Unterhalt leistet.
Die Mutter befindet sich bei diesem System in einem patriarchalen Abhängigkeitsverhältnis. Solange das Kind klein ist, ist es ihr nur sehr schwer möglich für den eigenen Unterhalt zu sorgen, geschweige denn an eine berufliche Karriere zu denken. Sie ist finanziell abhängig vom getrennten Partner und auch im Hinblick auf spätere Pensionsleistungen stark benachteiligt. Die alleinige Kinderbetreuung (12 Tage am Stück) ist gelinde gesagt überfordernd. Das Residenzmodell bedeutet nichts anderes als „Frauen an den Herd“.
Der Vater kann keine echte Beziehung zum Kind entwickeln. Möchte er mehr Zeit mit seinem Kind verbringen und wird dies von der Mutter nicht zugelassen, entsteht die paradoxe Situation, Unterhalt zu zahlen für etwas, das er eigentlich nicht möchte. Er bezahlt für sein Leid.
Das Kind kann ebenfalls keine vollwertige Beziehung zum Vater entwickeln. Es ist eben nur der “Wochenendpapa”. Da kein wirklich greifbarer Vater verfügbar ist, wird diese Leerstelle oft durch idealistische Phantasievorstellungen ersetzt und der Vater überhöht. Das Kind lernt von klein an: Mütter sind für das Versorgen zuständig, für den Alltag, fürs Kranksein etc. Väter sind fürs Zahlen (sofern es mitbekommt, dass der Vater Unterhalt zahlt) und vielleicht für einen Ausflug am Wochenende gut. Mütter können betreuen und versorgen, Väter können nur zahlen und eventuell Aktivitäten bieten. Ist dies das Geschlechtsrollenbild, das wir als Gesellschaft vermitteln wollen? Ist da die nächste unemanzipierte Generation nicht bereits vorprogrammiert? Mädchen, die nach unerreichbaren Märchenprinzen suchen und Buben, die keine Role-Model für liebevolles väterliches Versorgen haben?
Das Residenzmodell ist somit eine klassische „loose-loose-loose“-Situation und sollte tunlichst maximal als Notlösung dienen und ansonsten am Misthaufen der patriarchalen Geschichte entsorgt werden.
Im Wechselmodell, bei dem die Kinderbetreuung einigermaßen gleich aufgeteilt ist, kann das Kind sowohl eine liebevolle und versorgende Mutter als auch einen liebevoll versorgenden Vater erleben. Es kann von beiden Elternteilen gleichermaßen profitieren und bekommt echte Gleichberechtigung vorgelebt. Das dies einen erheblichen Mehrwert bedeutet, ist eigentlich logisch, mittlerweile aber auch mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen. Dies hat z. B. Linda Nielsen in einer Übersichtsarbeit über alle 60 im Jahr 2018 verfügbaren diesbezüglichen Studien eindrucksvoll getan (Nielsen 2018). Auch die deutsche FAMOD-Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen (Steinbach et al. 2021). Kinder im Wechselmodell schneiden bei fast allen untersuchten Indikatoren besser ab als Kinder im Residenzmodell. Auch das Argument, jedes Kind brauche einen fixen Lebensmittelpunkt, ist damit klar widerlegt.
Väterrechte/gelebtes Vatersein und Gleichberechtigung/Feminismus sind zwei Seiten einer Medaille. Lasst uns gemeinsam für eine bessere und gleichberechtigte Welt für unsere Kinder kämpfen!
Wir Väter e.V.
Exkurs zu nicht diskriminierenden Sprachregelungen:
Gendergerechte und niemanden diskriminierende Sprache ist ein wichtiges Anliegen einer gleichberechtigten demokratischen Gesellschaft, da Sprache auch immer ein Spiegelbild selbiger ist. Es hilft zwar nicht, ausschließlich dieses Spiegelbild zu korrigieren, aber es ist ein wichtiger Schritt unter vielen. Werfen wir also einmal einen Blick auf die Begrifflichkeiten, mit denen Väter im derzeit gültigen Familienrecht und damit verwandten Texten beschrieben werden. Da ist vom „Besuchsrecht“, „Umgangsrecht“ oder „Kontaktrecht“ die Rede. So als ob Väter nicht „betreuen“ könnten. Wenn ich wo auf „Besuch“ bin werde ich wohl nicht Windeln wechseln oder Essen kochen. Aber Väter können das und sie können noch viel mehr! Und Kinder brauchen liebende und betreuende Väter genauso wie sie liebende und betreuende Mütter brauchen.
Eine wirklich beleidigende Begrifflichkeit ist die sogenannte „Playboygrenze“. Kaum zu glauben, dass solche Begriffe heutzutage noch verwendet werden. Aber die „Playboygrenze“ findet sich auch weiterhin ganz aktuell im Jahr 2022 in Texten zum Unterhalt. Sie beschreibt die Höchstgrenze, bis zu der Unterhalt zu leisten ist. Ein Versuch das Wort zu gendern – schließlich gilt diese Grenze auch für Töchter – zeigt die Absurdität im vollen Umfang: Playboy:innengrenze oder müsste es zu Ende gedacht Playboy:girlgrenze oder gar Playboy:Schlampengrenze heißen? Der Begriff ist zutiefst diskriminierend und schreibt Söhnen (und auch Töchtern) Eigenschaften der Verantwortungslosigkeit und des Lotterlebens zu.