Stellungnahme zur Pressekonferenz des ÖFR und zu Hammers Ausführungen
Am 12.6.2023 fand eine Pressekonferenz des ÖFR zum Bericht der UN-Sonderberichterstatterin Fr. Alsalem Reem statt, zu der auch der freiberuflicher Soziologe und Fachautor Wolfgang Hammer, Autor der Studie Familienrecht in Deutschland, eingeladen wurde. Nachfolgend eine Stellungnahme und Kritik von Wir-Väter-Obmann Anton Pototschnig zu dessen fachlichen Thesen.
Allgemein:
Hammer weist in seiner Erhebung auf Missstände hin, die im Zuge von Sorgerechtsverfahren passieren, welche Anlass geben über die Verfahrensabläufe neu nachzudenken und Änderungen herbeizuführen.
Auf ähnliche Missstände im Verfahrensverlauf weisen Vätervereine seit Jahren hin, ohne jedoch zu leugnen, dass auch Mütter Opfer verfehlter Verfahrensverläufe werden können.
ABER:
Hammer analysiert ausschließlich Fälle in denen Mütter benachteiligt werden.
Es werden ausschließlich Väter angeführt die manipulieren, unter Druck setzen, drohen, Macht und Gewalt ausüben…Umgekehrte Fälle, deren es zuhauf gibt, werden völlig ausgeblendet.
Ein sogenannte „Studie“, die jedoch ein Beziehungsgeschehen, an dem zumindest zwei Erwachsene beteiligt sind, ausschließlich aus einer Perspektive zu betrachtet, führt aber automatisch zu falschen Schlussfolgerungen, bildet das Geschehen nicht den Realitäten entsprechend ab und verliert damit die Legitimität allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen bzw. Gesetzesänderungsvorschläge vorzubringen, von denen beide betroffen sind.
Fazit:
Aussagen dieser Pressekonferenz bzw. Hammers Studienergebnisse einfach so, ohne Relativierung, zu publizieren hieße die journalistische Sorgfaltspflicht zu verletzen.
Ebenso könnte man die Ergebnisse eines Klimawandelleugners/Coronaleugner etc. als Tatsachen veröffentlichen und damit entsprechend Desinformation betreiben.
Warum macht Hammer so eine Studie?
Drei deutsche Alleinerziehenden Organisationen unterstützen ihn. Zufall?
Wohl eher nicht, stimmen doch deren Forderungen auffällig überein:
- kein gemeinsames Sorgerecht (auch kein Antragsrecht gegen den Willen der Mutter)
- Keine Doppelresidenz gegen den Willen eines Elternteils
- keine verpflichtende Beratung
Oder einfacher gesagt: Alle Rechte gegenüber den Kindern an die Mütter!
Zur Erinnerung:
- zu 1. Österreich und Deutschland wurden vom EGMR wegen Diskriminierung von Vätern verurteilt, weil Väter bis vor 10 Jahren nicht einmal das Recht hatten einen Antrag einzubringen, wenn die Mutter dagegen war. Mütter standen über dem Gesetz. Wenn die Mutter nicht wollte konnte ihre Motivation also nicht einmal überprüft werden. Juristisch gesehen „Steinzeit“.
- zu 2. Studien weisen eindeutig auf die positiven Effekte der Doppelresidenz hin. Engagieren sich Väter bei aufrechter Beziehung für ihre Kinder, gleichermaßen oder annähernd, warum sollten Mütter dann eine Doppelresidenz mit einem einfachen Widerspruch verhindern können? Doch nur, weil sie damit ausschließliche Bestimmungsmacht hätten. Das Kindeswohl ist zweitrangig.
Hier werden pseudowissenschaftliche Ergebnisse veröffentlicht, deren Ziel es ist zu manipulieren und um spezifische Interessen zu stärken, nicht aber um zu einer Objektivierung der Situation beizutragen.
Zu spezifischen Themenstellungen bzw. Forderungen von Hammer:
PAS = Parental Alienation Syndrom, oder Eltern-Kind-Entfremdung
Pototschnig: Der Begriff Syndrom weist auf ein Krankheitsbild hin. Deshalb wurde dieser Aspekt schon lange kritisiert und auf Eltern-Kind-Entfremdung reduziert. Eltern-Kind-Entfremdung oder Parental Alienation ist deshalb auch nicht im ICD oder DSM zu finden. Ebenso wenig wie Mobbing, Stalking, oder Vergewaltigung. Bei allem handelt es sich nicht um Krankheitsbilder, sondern um Gewalt, die sich schädigend auf Betroffene auswirkt und bei diesen zu Krankheitsbildern führt, die sehr wohl im ICD oder DSM zu finden sind.
Eltern-Kind-Entfremdung kann gezielt betrieben werden, oder ohne Absicht.
Eltern-Kind-Entfremdung ist jedenfalls, entgegen Hammers Behauptung, als schwerwiegende Form des psychischen Missbrauchs an Kindern vom EGMR anerkannt und wissenschaftlich belegt.
Keine Doppelresidenz gegen den Willen eines Elternteils
Pototschnig: Weltweit bestätigen Studien die Vorteile der Doppelresidenz und weisen auf die potentielle Überlegenheit derselben hin. Übernehmen Väter schon bei aufrechter Beziehung gleichermaßen oder annähernd gleichermaßen Verantwortung gegenüber den Kindern warum sollte dann ein Elternteil (in der Regel die Mutter) dieses Modell ohne entsprechende Begründung verhindern können?
„Keine Androhung oder Umsetzung sorge- oder umgangsrechtlicher Konsequenzen bei Ablehnung einer gemeinsamen Elternberatung.“
Pototschnig:
- Gab es im Vorfeld begründete Momente (Gewalt, Androhung derselben uam) die eine gemeinsame Beratung ausschließen, soll eine gemeinsame Beratung auch nicht stattfinden.
- Gibt es, abgesehen davon, in keinem Fall Konsequenzen bei der Ablehnung einer angeordneten gemeinsamen Beratung kann von einer Seite jeglicher Lösungsweg blockiert werden. Oft können erst in einer gemeinsamen Beratung Missverständnisse und Vorurteile und Blockaden abgebaut werden.
# Verkürzung und Verbesserung der Verfahren
Pototschnig: sehr gut, volle Zustimmung
Richtig ist:
- Verfahren sind besonders für Kinder belastend. Je länger umso stärker
- Die Verfahrensdauer ist in zu vielen Fällen viel zu lang
- Oftmalige Befragungen belasten Kinder
- Loyalitätskonflikte werden immer wieder erst durch Verfahren hervorgerufen oder massiv verstärkt
- Kinder werden Opfer von Manipulationen und lehnen teilweise einen Elternteil ab (Seite 18) Hammer aber führt nur Beispiele an wo Kinder Mütter ablehnen. In der Regel ist es umgekehrt.
- Die Lauerhaltung der Eltern auf verwertbare Fehler der Gegenseite macht sehr viel Druck, je länger ein Verfahren dauert umso mehr.
- Qualitätsverbesserung der Fachkräfte bzw. verbesserte Verfahrensverläufe sollten angestrebt werden und in einer Handreiche für Richter:innen festgeschrieben werden. (Bis 2016 gab es in Deutschland keine Mindestqualifikation für Gutachter und Sachverständige. Diese ist in Deutschland weniger reglementiert als in Österreich, wo eine Ausbildung Voraussetzung ist – aber auch hier spielt erfahrungsgemäß die persönliche Haltung eine große Rolle.)
Veränderungsnotwendigkeiten:
- Schnelle Verfahren
- Schnelle Feststellung ob eine Gefährdung besteht oder nicht. Wenn ja, entsprechende Schutzmaßnahmen, bis hin zu Kontaktabbrüchen.
- Schnelle Erörterung ob es sich um einen symmetrischen Konflikt oder einen asymmetrischen Konflikt handelt. Anders ausgedrückt – ob beide Eltern, oder nur ein Elternteil ein problematisches Verhalten an den Tag legt. Tut es nur einer dann müssen dem problematischen Handeln entschieden Grenzen gesetzt werden.
- Abgehen von Feststellungsgutachten, hin zu Verlaufsorientierten Sachverständigentätigkeiten.
Downloads:
- Analyse des Hammerwerkes von Witt Markus (Kurzfassung): https://hochstrittig.org/das-hochstrittige-hammer-werk/
- Analyse des Hammerwerkes von Witt Markus (Langfassung): Download als PDF
- Studie von Wolfgang Hammer “Familienrecht in Deutschland – eine Bestandsaufnahme”: Download als PDF
Pototschnig Anton
Dipl. Sozialarbeiter, Obmann der Plattform Doppelresidenz und des Vereins „Wir Väter“
0699/194 65 803
Artikel:
- „Wenn Mütter ihre Macht missbrauchen“ Wiener Zeitung https://tagblatt-wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2191666-Wenn-Muetter-ihre-Macht-missbrauchen.html
- Stellungnahme und Kritik zum Bericht der UN-Sonderberichterstatterin Fr. Alsalem Reem