„Wenn der Papa zum Buhmann wird“
Deutschlandfunk Kultur: „Wenn der Papa zum Buhmann wird“ Oder Eltern-Kind-Entfremdung
Bereits im Vorjahr lief diese spannende Reportage über manipulierte Kinder.
Kernpunkt: Das Phänomen, das ein Elternteil vom anderen Elternteil gegenüber dem Kind schlechtgemacht wird, mit dem Ziel den Kontakt einzuschränken oder ganz zu unterbinden.
Anhand eines Vaters und einer Mutter wird exemplarisch das Wesen der Eltern-Kind-Entfremdung ausschnittweise geschildert und der Umgang mancher Behörden damit aufgezeigt.
Auffallend: Die Leitung des Jugendamtes Köln zeigt sich über das Phänomen zwar informiert, meint aber bisher sei kein Fall bekannt. „Bei mindestens 20.000 Kindern, die in Deutschland pro Jahr den Kontakt zu den Eltern verlieren, ist das statistisch unmöglich“, meint dazu die Redaktion des Deutschlandfunks Kultur. Wir schließen uns dieser Einschätzung an.
Woran aber liegt es dann, dass dieses Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung nicht wirklich wahrgenommen wird? Marc Serafin, Leiter des Jugendamtes in Sankt Augustin und Lehrbeauftragter an der Katholischen Hochschule NRW, meint dazu: „Meine Wahrnehmung ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern, aber auch vielfach die Kollegen in den Gerichten nicht ausreichend Kenntnis haben über die tiefen Zusammenhänge, die sich dabei abspielen, wenn es zu diesem sehr besonderen Verhalten kommt. Dass ein achtjähriges Kind, neunjähriges Kind, das lange Zeit einen guten Kontakt zu beiden Eltern hat, sich plötzlich abwendet von einem der beiden Eltern und ausdrückt: Nein, ich möchte den gar nicht mehr sehen. Das nennen wir Eltern-Kind-Entfremdung, wenn sich eine vertraute Beziehung verwandelt und ein Fremdheitsgefühl entsteht.“
Serafin mahnt eine frühere Zusammenarbeit zwischen Jugendamt, Familienberatung und Gericht ein und plädiert für die Doppelresidenz, weil Kinder damit, auch bei hochstrittigen Fällen, besser fahren. „Die bester Prävention vor Eltern-Kind-Entfremdung ist die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu beiden Eltern von Anfang an durch eine enge, alltägliche Fortsetzung der Eltern-Kind-Beziehung.“ So der Leiter des Jugendamtes.
Gibt es in Deutschland zumindest seit einigen Jahren schon einen entsprechenden öffentlichen Diskurs zum Thema, ist davon Österreich noch meilenweit entfernt.
Weiterführende Links zum Thema:
- Deutschlandfund Kultur: Manipulierte Kinder, oder „Wenn der Papa zum Buhmann wird.“
- ARD: Weil du mir gehörst. Ein Film des ARD aus dem Jahr 2019
- ZKJ: Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe: „Die Notwendigkeit professioneller Intervention bei Eltern-Kind-Entfremdung – Teil 1“ 7/2022
Anton Pototschnig
Obmann der Plattform “Wir Väter”
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